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Nicht nur zur Wienszeit - Dirndl ist nicht gleich Dirndl (Preisunterschiede von Dirndl)

 

acer Logo Wiesenzeit ist Dirndlzeit

Wiesnzeit ist Dirndlzeit, auch für Nichtasiatinnen. Wenn das Oktoberfest ruft, holen die "Buam und Deandln" und solche, die sich dafür halten, im richtigen und im gefühlten Bayern Lederhose und Dirndl aus dem Schrank und pilgern auf die Theresienwiese zum angeblich größten Volksfest der Welt. Die Promi-Boxen in den Zelten füllen sich wieder mit "volkstümlichen" Geschmacklosigkeiten. Prominentenfrauen und solche, die sich dafür halten, glitzern um die Wette und umhüllen ihre Körper, mehr oder oft weniger, mit Bonbonverpackungen und Verkehrsschutzkleidungen, die offensichtlich den Albträumen oberbayerischer Jungdesigner entsprungen sind.
Besucher von den Inseln und den mediterranen Randvölkern, die angeblich noch zu Europa gehören, begnügen sich mit monströsen Hutgebilden, die sie für alpenländisch halten aber zumindest groß genug sind, um Erbrochenes nach dem ungewohnten Schluckmarathon diskret zu entsorgen. Nur Amerikaner mit exotischem Migrationshintergrund kommen so korrekt zur Wiesn, dass man sie auf einem Gautrachtenfest kaum herausfinden könnte.
Die wenigen echten Einheimischen tragen, wenn sie überhaupt noch kommen, eher dezente Trachtenmode: Dirndl ja - aber kein Mini und nicht zu "aufgebrezelt".
 

Warum überhaupt ein Dirndl auf der Wiesn?

Kurze Antwort: Weil es nach 1990 Mode wurde, auf Volksfesten in Süddeutschland und Österreich wieder "Tracht" zu tragen. Als das heutige Oktoberfest 1810 erstmals gefeiert wurde, gab es im heutigen Sinn nach gar keine Trachten. Gleiches galt für den seit 1818 begangenen Cannstätter Wasen, das zweitgrößte Volksfest in Deutschland. Das einfache Dirndl war damals ein Dienstbotengewand in den Städten Süddeutschlands, angelehnt an die Mode der bürgerlichen Oberschicht.

Zum Inbegriff des Traditions-Dirndls wurde die festliche Altmünchner "Tracht", in der König Ludwig I. die 17-jährige Helene Sedlmayr, "die" Schöne Münchnerin, malen ließ. Unter dem reich mit Silberketten verzierten Mieder trug sie eine langärmlige Bluse, deren (großer) Ausschnitt durch ein Seidentuch bedeckt war. Das Haar zierte eine silberne Riegelhaube. Der verzierte Rockbund, der die Taille betonte, ist auf dem Gemälde gerade noch zu erkennen. Die Rocklänge ist also nicht überliefert, kann aber als knöchellang angenommen werden. Eine in jüngerer Zeit wieder unverzichtbare Schürze - die praktische Dienstbotenschürze - ist auf dem Gemälde nicht eindeutig erkennbar.

Ein derartiges Dirndl, königlich verziert, war auch an Festtagen alles andere als üblich, und erst recht nicht für die Dienstbotin eines Spielwarenlieferanten, selbst wenn dieser Hoflieferant war. Die festliche Tracht der Bürger wurde jedoch zunehmend Vorbild reicher Bauern und ländlicher Unternehmer, insbesondere in Altbayern, wo sich Ludwigs Sohn, König Max II., besonders volkstümlich gab. In seine Regierungszeit (1848-64) fallen die ersten Vereinsgründungen zur Erhaltung des "alten Brauchtums".

Ludwig II., der "Kini", förderte dieses Brauchtum wenig, aber unter seinem Onkel, Kronprinz Luitpold kam die ländlich-alpenländische Kleidung ab 1886 wieder vermehrt zu Ehren, die auch Kaiser Franz Joseph I außerhalb des Hofes liebte. 1883 wurde der erste "Gebirgstrachten-Erhaltungsverein" in Bayrischzell gegründet, doch die schon 1859 in Miesbach begonnene Vereinsbewegung setzte sich so erfolgreich durch, dass die, wohlgemerkt rekonstruierte, Miesbacher Tracht sich als Inbegriff der bayrischen Tracht durchsetzte. Reichtum und Vielfalt der eigentlichen Vorbilder gerieten in Vergessenheit (Felix Joseph von Lipowsky, National-Costueme des Koenigreiches Bayern, 1822-30).

Die Tracht ist in Mitteleuropa ein Teil der jüngeren Modegeschichte geworden und blieb nur kurzfristig Zeichen der Zugehörigkeit zu einer (ethnischen - regionalen - sozialen) Gesellschaftsgruppe. Das einst ausschlaggebende Signal der Standeszugehörigkeit wird überwiegend durch die Auswahl und die Kostbarkeit des Materials und der Accessoires ersetzt. Das Dirndl mutierte vom Dienstbotengewand zur Kleidung in der Sommerfrische, zur "Frauenuniform" im Nationalsozialismus und dann zur Frauenkleidung für viele Angelegenheiten in Süddeutschland und den Alpenländern.

 

Was ist ein richtiges Dirndl?

acer Logo Es gibt kein richtiges Dirndl.

Nach dieser Vorgeschichte kann man unverblümt sagen, dass es ein "Richtiges" nicht gibt. Einige Grundmerkmale bleiben übereinstimmend, der Rest sind freier Geschmack und Mode. Auch die Vorbilder waren nur Erscheinungen der Modegeschichte. Einst wichtige regionale Unterschiede spielen außerhalb der Trachtenvereine keine Rolle mehr. Dirndl ist heute ein Grundbegriff, wie Hosenanzug oder Wickelkleid und im alpinen Umfeld wieder alltäglich.

An die Stelle von getrenntem Mieder und Rock mit einfacherer Schürze ist heute meist das Dirndlkleid (Dirndlgewand) getreten. Unter einem ursprünglich sehr knappen, geschnürten Mieder (großem Ausschnitt) wird eine weiße Bluse mit unterschiedlich offenherzigem Charakter getragen. Das einstmals kostbare Brusttuch ist aus der Mode gekommen. Bei Miederoberteilen mit kleinerem Ausschnitt wird häufig auf die Bluse verzichtet. Eine "richtige" Dirndlbluse mit kurzen Puffärmeln und Rüschen am Ausschnitt und an den Ärmeln kann bei korrekter Schnürung und genügend "Holz vor der Hüttn" den BH ersetzen, ist nabelfrei und nicht bei jedem Dirndl-Angebot im Preis inbegriffen.
Kostbare Schultertücher (Stolen) werden überwiegend noch zu Traditions-Dirndln getragen. Dafür trägt Frau zunehmend Dirndl-Jacken oder Janker, die sich stilistisch an Steierische oder Südtiroler (Sarntaler) Vorbilder halten. Diese Jacken und Janker aus Strick, Walkstoffen und auch Leder werden längst nicht mehr nur zum Dirndl getragen, sondern auch zu (Leder-)Hosen und selbst Jeans. Wird unter der Dirndl-Jacke nur die "Bluse" getragen, schafft die Trägerin unorthodox einen richtigen Hingucker.

Die Rocklänge reicht von fast bodenlang (Festtags- und Traditionsdirndl) bis zum eher verpönten aber beliebten Mini. Früher sagte man, dass der Rocksaum eine Maßkrug-Höhe über dem Boden enden sollte - so ungefähr. Die Länge reicht sonst mindestens bis um das Knie (Midi) und sollte bis wadenlang sein, um beim Dreher eine schöne Glockenform zu erzeugen. Die Halb-Schürze, ursprünglich zur Schonung des Rocks getragen, hat außer dem Modischen keine eigentliche Bedeutung mehr. Die angebliche Aussagekraft der Schürzenschleife über die Bindung der Trägerin an einen Mann ist entweder ein Mythos oder von derart regionaler Bedeutung, dass sie heute vor allem als neckische Spielerei betrachtet werden kann.

Farben wechseln mit der Mode. Wenn es nach der offiziellen Oktoberfest-Website geht, sind 2014 Rosa- und Grüntöne angesagt. Verspielte Details aus der Landhaus-Mode, Spitze und Rüschen sind nach wie vor gefragt und Stoffe dürfen Blumen und Blümchen zeigen oder farbenprächtige Kamerun-Muster tragen. Der Oktoberfest-Knigge hält es für angebracht, das Knie bedeckt zu halten, oder gleich zur kürzeren Lederhose zu greifen. Anstelle von Jacken ist auch ein (dunkler) Strickponcho in. Nach wie gilt aber: "Genehm ist, was gefällt."

 

Was darf ein Dirndl kosten?

acer Logo Der Preis eines Dirndles kann so unterschiedlich sein

Im Allgemeinen ist die Dirndlpreis-Skala nach oben offen. Traditionell zeigte man auch nach der Wiederbelebung der Tracht, was man sich leisten konnte (oder wollte). Da wurde auch geklotzt bei den Accessoires, vor allem mit Silberschmuck - Kropfband, Hutschmuck und Miederschnürung mit Münz--Charivaris.
Auf der Wiesn sollte man aber außer bei den Festzügen praktischer denken. Waschbare Stoffe aus Baumwolle (Kattun), ausgewähltem Leinen, Mischgewebe und (untraditionellem) Polyester sind empfehlenswert. Wer will schon nach einem Wiesn-Abend Bier-, Senf- und Ketchup-Flecke auf einem Seidenstoff oder edlem Samt entdecken. Ein sogenanntes "Waschdirndl" ist die beste Wahl.
Ab 50 Euro findet frau als Laufkundin von der Stange und bei Online-Anbietern bereits tragbare Dirndl, aber auch unpassende. Bei C&A, baur, ebay, Otto usw. gibt es massenhaft Angebote - Stichwort Dirndl in die Suchmaschine eingeben und ab geht die Post. Da findet das Deandl nicht nur Billiges. Bei Zalando & Co. wird die 500 Euro Marke mit Markenware locker überschritten, noch ohne Bluse und Zubehör. Limberry und Trachteria bedienen online ebenfalls Wünsche nach Designerware. Beim Online-Kauf sollte frau ihre Beinlänge realistisch nach dem Motto einschätzen: Je länger die Beine, umso länger darf der Rock sein - muss aber nicht.
Wer nahe genug zur Landeshauptstadt in Bayern oder Österreich wohnt oder rechtzeitig anreist, sollte aber in Fachgeschäften kaufen und Sitz und Aussehen vor dem Kauf überprüfen. München ist voll von Läden mit Angeboten in allen Preislagen: Almenrausch, Daller-Tracht, Frankonia, Loden-Frey, Ludwig Beck, Moser Trachten, Oberpollinger, Sport-Alm (Kitzbühel), Trachten-Angermaier, Wirkes - um nur wenige zu nennen. Nobeladressen und Trendsetter sind z.B. Alpenmädel Design, Jan&Ina, Julia Trentini, Lola Paltinger (Lollipop & Alpenrock), Schatzi Dirndl (Katharina Lukacs) und viel beachtet Noh Nee, TaliBoelt (Eichenau) und Goldstück (Rosenheim). Die Liste ließe sich um gute Adressen in Salzburg, Kitzbühel, Innsbruck, Graz und natürlich Wien verlängern.

 

Was noch dazu gehört

acer Logo Dirndlschmuck

Was gehört eigentlich unter ein Dirndl? Im Idealfall nur ein Slip, denn das Mieder formt und die Bluse unterstreicht die Büste. Nicht jede hat aber von Natur die Mitbringsel für ein aufregendes Dekolletee. Hier helfen (Dirndl-)Push-up-BHs der Natur nach. Die Balconnet BHs unterstreichen, eleganter ausgedrückt, unsichtbar die Vorzüge der Trägerin.
Unter dem Rock zeichnet sich ein neuer Trend ab - Verführung mehr oder weniger diskret. Halterlose "Wiesn-Strümpfe" (Stay-Ups) mit dekorierten Strumpfbändern und schmückender Spitze können dezent zum "anbandeln" sichtbar gemacht werden. Mutige Dirndl-Trägerinnen haben auch wieder die Trachtenunterhose - die "Unaussprechliche" - als besonderen Reiz entdeckt. Kostbare Unterröcke dürfen auch ein wenig hervor schauen, und Petticoats erleben unter dem Dirndl ein erstaunliches Revival.
Komplett wird das Outfit durch Dirndl- oder spezielle Wiesn-Tascherl, auffällig gestylte (gepimpte) Trachtenhüte und Dirndl-Schmuck. Die gestalterische und finanzielle Vielfalt reicht von der einfachen Dirndl-Kette und einem verspielten Trachtengürtel bis zu Designer-Colliers aus Edelmetall und mit echten Steinen.
Das Schuhwerk muss sich nicht auf die hergebrachten Haferlschuhe beschränken. Ballerinas und Pumps sind besonders geeignet und bequem, bieten aber weniger Auffallendes als etwa geschnürte Stiefelchen. Bei einem Midi-Dirndl wirken lange Schnürstiefel mit höheren Absätzen besonders aufregend. Aber aufgepasst: High Heels jeder Art sind auf der Wiesn nicht besonders praktisch und schon gar nicht in den Bierzelten. Ein Deandl möchte doch nicht, auch ohne tiefem Blick in den Maßkrug, zum buchstäblich "gefallenen Mädchen" werden.

 

Wenn es aber an einem feschen Buam Gefallen gefunden hat, dann gibt's ja noch die After-Wiesn-Partys. Aus den Andeutungen eines koketten Outfits könnte mehr werden. Doch das ist ein anderes Thema.

 

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